In Zeiten, in denen die Energieeffizienz zunehmend an Bedeutung gewinnt, setzt die Automobilindustrie auf neue Technologien bei der Herstellung von Autos und sucht nach innovativen Werkstoffen, um die Fahrzeuge sicherer und gleichzeitig leichter zu machen. Neben Lösungen, die in der Luft- und Raumfahrtindustrie eingesetzt werden, wie z.B. Kohlefaser oder Kevlar, könnten innovative geschäumte Kunststoffe einen interessanten Beitrag leisten.
Kohlefaser – Merkmale und Anwendungen
Umgangssprachlich als Carbonfaser bekannt, ist die Kohlefaser eigentlich ein kohlenstofffaserverstärkter Verbundwerkstoff oder CFRP, von der englischen Bezeichnung Carbon Fiber Reinforced Plastics. In der Regel handelt es sich dabei um ein mehrschichtiges, harzbeschichtetes Gewebe, das sich durch ein geringes Gewicht und eine bemerkenswerte hohe mechanische Festigkeit auszeichnet. Carbon hat eine bis zu viermal höhere Zugfestigkeit als hochwertiger Stahl und ist dennoch extrem flexibel, weshalb es unter anderem in Flugzeugen, Raumfahrzeugen und Sportwagen eingesetzt wird. Das wohl bekannteste Beispiel für ein Auto, bei dem Kohlefaser zum Einsatz kam, ist der Lexus LFA. Seine Karosserie besteht zu 65% aus Kohlefaser.
Die Fertigung von Kohlefaserkomponenten – wie funktioniert das und was wird aus Kohlefaserverbundstoff gemacht?
Kohlefaser kann aufgrund ihrer Festigkeit nicht nur für Karosserieteile wie das Dach oder den Kofferraumdeckel verwendet werden, sondern auch für bestimmte mechanische Teile oder Innenraumkomponenten wie die Säulen oder die Bodenplatte. Für die Fertigung von Karbonteilen werden Formen benutzt, die der Form des Endprodukts entsprechen. Diese können auf vier verschiedene Arten ausgefüllt werden. Die erste und arbeitsintensivste Methode besteht darin, Lagen von Stoffen zu legen, die dann von Hand mit Harz getränkt werden. Bei der zweiten Methode werden sogenannte Vorimprägnierungen verwendet, d.h. mit Harz vorgetränkte Schichten. Das dritte Verfahren ist das Resin Transfer Molding, bei dem eine Form mit bereits gelegten Gewebeschichten unter Druck mit Harz gefüllt wird. Bei der letzten und schnellsten Methode, die C-SMC (Carbon Fiber Reinforced Sheet Molding Compound) genannt wird, wird ein mit fein geschnittenen Fasern vermischtes Harz in eine Form gespritzt. Der Nachteil der mit diesem Verfahren hergestellten Verbundstoffverstärkung ist jedoch die geringere Festigkeit. Der letzte Produktionsschritt besteht in jedem dieser Fälle darin, die Kohlefaserteile mehrere Stunden lang bei einer Temperatur von etwa 180°C zu härten. Nachdem das Harz ausgehärtet ist, können sie weiterbearbeitet werden.
Sind Kohlefasern schädlich?
Kohlefaser hat eine Reihe herausragender Eigenschaften, aber viele Menschen fragen sich, welche Auswirkungen sie auf die menschliche Gesundheit hat. Fertige, harzbeschichtete Kohlefaserprodukte sind völlig sicher. Kohlenstofffasern haben nur in der Produktionsphase beim Schneiden eine schädliche Wirkung. Mikrofasern verursachen Reizungen und Schäden an der Haut, die wiederum zu Infektionen führen können. Glasfaserstaub reizt auch die Augen und kann – wenn er über einen längeren Zeitraum mit der Luft eingeatmet wird – sogar Fibrose und Lungenkrebs verursachen. Aus diesem Grund tragen Menschen, die täglich mit Kohlefaserprodukten arbeiten, geeignete Schutzkleidung und eine Maske mit einem speziellen Filter.
Kevlar – Anwendungen im Automobilbau
Was ist Kevlar, oder besser gesagt Aramidfaser? Es handelt sich um ein synthetisches Polymer, das in den 1960er Jahren zufällig in den Vereinigten Staaten erfunden wurde. Damals war ein Forscherteam auf der Suche nach einem leichten und stabilen Material, das den Gummi in Reifen ersetzen könnte, um den Benzinverbrauch zu senken. Das Ergebnis ist ein sehr starkes Polymer mit hochgradig geordneten Teilchen, das mehr als fünfmal so leicht ist wie Stahl und eine sehr hohe Zugfestigkeit von bis zu 3620 MPa aufweist. Um Aramidfasern zu brechen, muss doppelt so viel Kraft wie bei Kohlenstofffasern und sogar viermal so viel wie bei Stahl aufgewendet werden. In der Automobilindustrie wird es in großem Umfang für die Konstruktion von leichten Rennsport- und Performance-Autokarosserien verwendet, aber nicht nur. Es ist auch in beliebten Automodellen zu finden, wo es zur Verstärkung kritischer Bauteile wie z.B. Zahnriemen und Kühlerschläuche verwendet wird. Im Motorsport hat es außerdem die wichtige Funktion, als Bestandteil von Spezialbelägen die Kupplung zu schützen.
Die Kupplung mit Kevlar belegen – was bringts?
Der Reibbelag aus Kevlarfasern ist auch bei hohen Temperaturen sehr resistent, so dass er problemlos mehr Drehmoment von leistungsstarken Motoren, wie sie in Sportwagen oder Geländewagen eingesetzt werden, übertragen kann. Er bietet eine wesentlich höhere Lebensdauer der Kupplung als herkömmliche Beläge und wird daher für harte Einsatzbedingungen empfohlen.
Eigenschaften und Anwendungen von Graphen
Graphen ist ein Superwerkstoff, dessen volles Potenzial von der modernen Wissenschaft noch nicht vollständig erschlossen worden ist. Dieser Werkstoff mit seiner zweidimensionalen Struktur aus Kohlenstoffmolekülen, die ein perfektes sechseckiges Muster bilden, ist leichter und stärker als Kohlefaser und Kevlar. Ein Quadratkilometer Graphen wiegt nur 757 Gramm, ist aber sehr biegsam und hat hervorragende elektrische Eigenschaften. Es ist der ideale Werkstoff nicht nur für superleichte Karosserien, sondern könnte in Zukunft auch für die Herstellung von sehr leistungsfähigen Batterien oder sogar rollbaren Touchscreens verwendet werden. Zu den jüngsten Anwendungen von Graphen im Automobilsektor gehören die Herstellung von korrosionsbeständigen Autolacken, Radkästen und auch die experimentelle Außenhaut eines leichten einsitzigen Rennwagens. Das bei der Herstellung verwendete Graphen soll 20% leichter sein als Kohlefaser und bis zu 200 Mal stärker als Stahl.
Geschäumtes Polypropylen EPP – Eigenschaften und Anwendungen
Unter den Materialinnovationen in der Automobilindustrie darf EPP nicht fehlen, ein Werkstoff, der zunächst im Modellbau und später in den Stoßfänger-Unterbauten von Autos besonders beliebt war. Das leichte, geschäumte Material besteht zu 95% aus Luft. Deshalb sind EPP-Autoteile etwa 50% leichter als ihre Gegenstücke aus herkömmlichen Kunststoffen und dennoch außerordentlich stabil. Die Kombination aus mechanischer Festigkeit und geringem Gewicht führt dazu, dass EPP manchmal mit Kohlefaser verglichen wird. Sein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist sein sogenanntes Formgedächtnis. Es verformt sich bei einem Aufprall nicht dauerhaft, sondern kehrt in seine ursprüngliche Form zurück. So hat es bereits die Produktion von Sicherheitskomponenten wie Kopfstützen, Sitzflächen, Autosäulen und Türverkleidungen revolutioniert. Aufgrund seiner hervorragenden isolierenden, akustischen und elektrischen Eigenschaften wird dieser Werkstoff in Zukunft auch bei der Herstellung von Batteriepacks für Elektroautos und bei der Wasserstoffspeicherung eingesetzt. Das Herstellungsverfahren für EPP-Bauteile ist sehr einfach und umfasst das Aufschäumen von Polypropylenharz und das anschließende Einspritzen in eine Schaumform unter niedrigem Druck.
Kohlefaser, Graphen, Kevlar oder EPP? – Zusammenfassung der Anwendungen und Merkmale
Der technologische Wettlauf um ein ultraleichtes und superstarkes Auto ist noch nicht vorbei. Werkstoffe wie Kohlefaser, Graphen oder Kevlar sind aufgrund ihrer relativ hohen Preise in der Massenproduktion noch nicht weit verbreitet. Im Gegensatz dazu ist das Spritzgießen von EPP-Bauteilen eine bekannte und leicht zugängliche Technologie, mit der sich schnell und kostengünstig reproduzierbare Bauteile auch mit sehr komplexen Formen oder mit zusätzlichen Einsätzen aus verschiedenen Materialien herstellen lassen. Die in unseren 44 Werken in 9 Ländern angewandten Fertigungsverfahren ermöglichen es, alle Produktparameter genau auf die individuellen Designanforderungen anzupassen.
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